Oktoberwerken 08.-10.10.21
Ich stehe auf. Der Boden ist zwar nicht durchgefroren, auf dem Gras sind aber noch die Reste des Bodenfrostes der Nacht, die die Sonne langsam wegschmilzt. Durch die sternenklare Nacht ist es besonders kalt geworden und es war eine gute Entscheidung den zweiten Schlafsack einzupacken.
Beim Aufstehen merkt mein Körper, dass er lange nicht mehr auf einer Wiese, lediglich gebettet auf einem Fell, in einem Schlafsack lag, aber nach dem ersten Strecken und Recken am Morgen geht ein Knacken durch den Körper und alles fühlt sich an wie immer.
Die Augen schweifen umher und ich sehe nicht nur eine Jurte, sondern gleich mehrere Kothen, aus denen sich müde Gesichter schälen. Die Singerunde gestern ging wohl wieder länger als sie sollte, aber, verdammt, war es schön mal wieder die ganze Nacht durchzusingen.
Schnell geht es rein in die Scheune, in der Bruno heizt und in der es vor Leuten nur so wimmelt. Ein unglaublich ungewohnter Anblick nach 1.5 Jahren mit selten mehr als Fünf Leuten auf dem Hof. Der Kaffe ist warm, das Frühstück mundet und es werden die Gilden des Tages vorgestellt: Messerbau, Öllampen fertigen, Paracord-Armbänder flechten, Taschen nähen, Stabpuppen basteln, Seife sieden, Holzbackofen nutzen und Gitarre lernen.
Viele der Gilden waren schon durch die Anmeldung ausgebucht, manche bleiben leider leer. Dennoch wuseln überall bekannte und fremde Menschen hin und her und wollen suchen nach ihrer Gilde um den Tag auszufüllen.
Der Tag vergeht, an manchen Ecken des Hofes hört man Werkzeug, an machen hört man der Klimpern von Gitarren und an wieder anderen kann die Stille genossen werden. Für jede und jeden ist etwas dabei. Das Schaffen wird nur von einer Mittagspause und einem reichhaltigen Kuchenbuffet unterbrochen. Die Finger beginnen von der Singerunde und dem Gitarre spielen zu schmerzen – man ist es ja nicht mehr gewohnt.
Als die Nacht langsam herbeizieht wird ein köstlicher veganer Eintopf serviert, der den Hof schon den ganzen Tag mit seinen Düften verzaubert hat und der Hunger ist gegessen. Das Abendprogramm ist traditionell, manche singen in der Bankschreinerei, manche unterhalten sich über die alte Zeiten und manche gehen geschafft ins Bett. Quasi wie früher. Nur anders.
Als die Finger gar nicht mehr wollen geht es ins Bett oder besser gesagt aufs Fell und die Nacht bricht herein.
Am Sonntag Morgen beginnt das gleiche Spiel wieder von neuem. Müde Gesichter, prickelnde Sonne und leckeres Frühstück. Im Anschluss des großen gemeinsamen Aufräumens und einer Abschlussrunde teilt sich die Gruppe nochmal, der RjB feiert in einer MV seine neuen Sprecherinnen und die anderen schauen, dass der Hof wieder glänzt.
Es ist Mittag und der Hof liegt verlassen da. Alle Räume sind aufgeräumt, die Blechlawine ist weggerollt und die Flure sind gewischt. Ich sitze mit einem Lächeln auf der Wiese und genieße die Sonnenstrahlen und lasse die letzten Tage Revue passieren. Die Stimmung, die Menschen, das Werken, der Hof. Ein Fest!
– Pfennig